Zwei Memorialbäume in Totzenbach: Die Pfarrlinde und die Kaisereiche

von Leo Rollenitz

Die Totzenbacher Pfarrlinde

Gegenüber der Volksschule, am südöstlichen Ende des Kirchparkplatzes findet man die Pfarrlinde. Dieser Gedenkbaum wurde 1974, anläßlich der 600. Wiederkehr der Gründung der Pfarre Totzenbach im Beisein vom damaligen Diezösanbischof Franz Zak gepflanzt.

Hans von Totzenbach ist Hofmeister der Herzogin Katharina, einer Tochter Kaiser Karls IV, die mit dem österreichischen Herzog Rudolf IV, dem Stifter, verheiratet ist. Er ist fest entschlossen, eine Kirche „von neuen Dingen“ in Totzenbach zu erbauen und beurkundet im Stiftungsbrief vom 12. März 1374, „daß sie ewiglich ein Pfarrkirchen sei und bleibe, der Fest und des Dorfs und der Leut´ daselben in Totzenbach“.

Hans von Totzenbach selbst ist kein kleiner Landadeliger mehr. Stolz trägt er den Adler im Wappen, nicht mehr den Roßkamm wie seine Vorfahren. Die Kirche scheint in einem Zug um 1365, als Hans von Totzenbach den Höhepunkt seiner Stellung am Herzogshof zu Wien erreicht hatte, erbaut oder zumindest nach einem einheitlichen Plan begonnen worden zu sein. Hans von Totzenbach wird auch in diesem Jahr auf der Gründungsurkunde der Wiener Universität und bei der Übertragung des Allerheiligen Kapitels von der Wiener Burg nach St. Stephan als Zeuge genannt.

 

Die Kaisereiche in Totzenbach

Die Bilder wurden am Allerheiligentag 2001 aufgenommen. Schon einige Jahre machen wir uns Sorgen um diesen einst so stolzen Baum. 1908 (2. Dez.) gepflanzt – das ist für eine Eiche noch kein besonders Alter! Wie ich noch zur nahen Volksschule ging mußte der Dorfschmied das Schutzgitter erweitern und das gleiche wurde vor wenigen Jahren auch wieder nötig. Heute hoffen wir, den Baum noch viele Jahre erhalten zu können! Ist es der saure Regen, der dem Baum so zusetzt – oder die Bodenverfestigung durch die Straße, welche natürlich auch in diesem Bereich im Laufe der Jahre breiter, asphaltiert und stark verdichtet wurde? Natürlich ist auch der Grundwasserspiegel abgesunken, in früheren Jahren war die nahe Angerwiese regelmäßig überflutet und wurde im Winter auch zur Eisgewinnung verwendet. Dieses Eis lagerte man dann in der „Eisgrube“ im großen Herrschaftskeller und hatte bis in den Sommer hinein die Möglichkeit, Vorräte einzukühlen. Das nebenstehende Foto zeigt noch die Arbeit mit dem Eis, die Aufnahme stammt etwa aus den 40er Jahren.
Heute kaum mehr sichtbar, erstreckte sich eine ganze Kette von Teichen beim Reithof (Gratz, Totzenbach 33) angefangen bis zur herrschaftlichen Mühle (Hell, Totzenbach 5). Diese Teiche wurden auch zur Fischzucht verwendet, das Haus Rabel, Totzenbach 15, war einst das Fischerhaus. Wahrscheinlich stammen zumindest die Teiche im Nordwesten des Angers aus der Zeit, wo das einstige Wasserschloß noch wehrhaft sein mußte und man damit die Möglichkeit hatte, in kurzer Zeit den Schloßteich zu fluten und so die Befestigung in Kriegszeiten zu verstärken. 1683 waren die Türken auch nicht imstande, das Schloß einzunehmen. Sicher kam damals keine große Streitmacht nach Totzenbach, aber im Dorf wurden viele Häuser zerstört und die Kreuzgewölbe im Osten der Kirche stürzten ein. Wahrscheinlich hatten marodierende Streitscharen den Altar angezündet.
Bei Renovierungsarbeiten im Hause Hinterhofer wurden etwa 1980 noch verkohlte Pfosten freigelegt, die eine Jahreszahl 1683 eingeritzt hatten. Zu dieser Zeit war das Schloß ein stattlicher Bau mit allen 4 Trakten und hatte die Aufgabe, für die zahlreichen Untertanen der Herrschaft Totzenbach Schutz zu bieten. Auch der Markt Böheimkirchen gehörte damals dazu – warum sollte sonst das Dorf „Hinterberg“ zu seinem Namen gekommen sein, von Böheimkirchen aus liegt es ja VOR dem Berg!

Die Dämme, welche die einzelnen Teiche trennten wurden nach und nach abgegraben, in den 50er Jahren geschah diese Arbeit noch mit Spaten und Holzscheibtruhe – an die Arbeiter und die wochenlange Plage kann ich mich noch gut erinnern. Von der feierlichen Baumpflanzung 1908 ist noch ein Bericht erhalten, die Monarchie und ihr langjähriger, bescheiden lebender Monarch – er fühlte sich eher als erster Beamter des Staates – wurde bejubelt und durch zahlreiche Gedichtvorträge, Lieder und pathetische Reden geehrt. In Totzenbach war er freilich nie, da war ein Besuch des Bezirksstatthalters Primo Calivi schon eine Sensation. Der Bezirk hieß damals „Hietzing und Umgebung“ und wurde auch von Wien aus regiert. Das Amtshaus mit dem mächtigen Turm an der Wiener Westeinfahrt ist uns allen gut bekannt.